"Die andere Welt ist die in meinem Kopf"

 

        Der verwunschene ComiczeichnerUl! über den Traum

        ein Schöpfer zu sein, seine Projekte und die Zukunft.

 

 

Ich traf ihn auf Jamaica in einer kleinen Bar.

Er saß still in einer Ecke und schaute ganz in sich versunken um sich...

Kaum traute ich mich ihn anzusprechen, doch dann stand ich schon an seinem Tisch und hörte mich fragen, was er hier mache. "Nichts", sagte er. "Ich sammle nur Eindrücke."

Ich setzte mich zu ihm und fragte weiter....

 

 

1.Seit wann zeichnest du?

 

Wie die meisten habe ich mit ca 3 Jahren angefangen. meine ersten

Kulizeichnungen habe ich (wie eine Art Wandmalereien) auf so einer cremefarbenen Couchgarnitur, wie sie in den 70ern vermutlich modern waren, verewigt, was mir eine menge Ärger einbrachte. Aber das hat mich zum Glück nicht aus der Bahn geworfen, wenngleich zum Umdenken animiert: Künftig benutzte ich Papier. Die Couch ist übrigens leider nicht mehr in Familienbesitz.

 

2.Könntest du kurz deinen künstlerischen Weg bis heute beschreiben?

 

In der Grundschule malte ich schon mit Begeisterung. mit 10 sah ich meinen ersten Disneyfilm "Cap und Capper". von da an war mein Lebensziel klar: Zeichner bei Disney zu werden! auf dem Gymnasium kassierte ich meine erste 5 in Kunst:

ich war so perfektionistisch, daß ich, unzufrieden mit meinen Bildern, sie nicht abgab. mit 13 sah ich zum ersten mal „Star Wars“, was mich zum Überdenken meines Lebensziels bewog. ich wollte evtl. neue Raumschiffmodelle designen.

und so wurde ich im laufe der zeit von jedem Comic, den ich in die Hände bekam und von jedem Bild, das ich sah, von neuem inspiriert.

Auf subtile Weise machte ich meinen Eltern klar, daß das Gymnasium nichts für mich war (schwänzen in Verbindung mit einer rekordverdächtigen Anzahl von 5en auf dem Zeugnis) und wurde auf die Realschule verbannt, wo ich einen Kunstschwerpunktkurs besuchte.

Hier traf ich auf einen ersten wirklich großen Förderer, Herrn Krengel, der mich mit Lob und Einsen überschüttete. Er organisierte außerdem meine erste Ausstellung von medien- und politikkritischen Karikaturen und Cartoons.

Anschließend machte ich mein Fachabitur in Gestaltung, die Sturm und Drangzeit in meinem Leben und in der Kunst. ich probierte immer mehr aus.

Das ganze setzte sich in meiner Zivizeit fort und fand ein abruptes ende mit Beginn meiner Arbeit in der Versicherung. von dort an entwickelte ich mich zu einer Art Dr. Jekyll und Mr. Hide (du weißt schon: tagsüber der brave Sachbearbeiter und nachts der unberechenbare Kamikaze-Künstler ;-) und ich prägte den Begriff vom verwunschenen Comiczeichner. irgendwann drückte mir jemand eine Jaxonkreide in die Hand (die ja auch gern von Kindern benutzt wird) und ich fand heraus, daß sie zwar nicht schmeckt aber man auf farbigem Karton ein paar wirklich nette Bilder mit ihr machen kann - was die Geschichte der Kunst des 21.jahrhunderts nachdrücklich beeinflussen sollte/wird/könnte.

leider haben das noch nicht sooo viele bemerkt. ;-) inzwischen habe ich mich schon in ziemlich vielen Bereichen der visuellen Kommunikation mit mehr oder weniger Erfolg versucht und es liegen eine atemberaubende menge angefangener und nicht fertig gemachter Sachen bei mir rum.

 

3.Du sagst du hast den Begriff des verwunschenen Comiczeichners geprägt, füge doch bitte noch ein paar erklärende Worte an, was bedeutet es ein verwunschener Comiczeichner zu sein?

 

Naja, das lehnt sich so ein bißchen an den verwunschenen Prinzen vom

"Froschkönig" an. wenn man wie ich kreative Neigungen hat, liegt es nicht unbedingt nahe, in der Versicherung zu arbeiten. Zum anderen hat meine Farbsehschwäche nie eine Arbeit als Grafiker zugelassen. aber das hält mich nicht davon ab, meinen Neigungen in der Freizeit nachzugehen. letzten Endes wird der verwunschene Comiczeichner davon erlöst, daß ihn die Muse küßt...hin und wieder passiert das schonmal.;-)

 

4.Wie würdest du deinen Stil bezeichnen?

 

Ist schwer zu sagen, da ich mich an sehr unterschiedlichen Sachen versuche. am ehesten vielleicht mysthisch-surreal.

 

5.Woher schöpfst du deine Ideen?

 

Aus praktisch allem, was ich sehe und erlebe. Ich glaube, ich habe eine sehr große Assoziationsfähigkeit (vielleicht mein größtes Talent) - das ist toll, denn so verwandelt sich die banalste Stadtkulisse in meinem Kopf schonmal einen ganz mysthischen Ort. Aber ich klau auch schon mal Ideen (natürlich unbewußt).

 

 

6.Was liebst du am Zeichnen?

 

Ich liebe es, ein Schöpfer zu sein und Geschichten zu erzählen.(Klingt das jetzt größenwahnsinnig?) Ich kann die Bilder in meinem Kopf für andere zugänglich machen und ihnen leben einhauchen.

Und ich liebe es, in der Malerei meine Gefühle ausdrücken zu können. Im Prinzip ist die Malerei nur ein Medium, um mich auszudrücken. Daher habe ich auch einen sehr schnellen, unpräzisen Stil. Wichtiger als die Zeichnung an sich ist die Idee, das Gefühl, das dahintersteckt und raus möchte. Insofern würde ich noch lieber Musik machen können, denn es ist ein viel unmittelbareres Medium um Gefühle auszudrücken und anzuregen. 

 

7.Was möchtest du mit deinen Bildern ausdrücken?

 

Meine Gefühle, meine Bilder im Kopf. Allerdings auch meine etwas skurille Art von Humor.

 

8.Hast du Vorbilder?

 

Eine ganze Menge. Es gibt so viele auf ihre Art brilliante Künstler - es wäre fast unfair, einzelne hervorzuheben. Am nachhaltigsten hat mich vermutlich der franz. ComiczeichnerMoebius beeinflusst. er ist vermutlich der beste Comiczeichner aller Zeiten.

 

9.Was geht dir durch den Kopf, wenn du zeichnest, ist es ein bißchen wie das Eintauchen in eine andere Welt?

 

Das Zeichnen selbst nicht. Die andere Welt, ist die in meinem Kopf. Die Geburt der Idee ist das Entscheidende. Beim Zeichnen geht es dann eigentlich nur noch darum, meine Kopfgeburt so gut wie möglich in diese Welt herüberzuretten.

 

 

10.Was ist das für ein Gefühl zu sehen, wenn ein Werk konkrete Formen annimmt bzw. wenn es fertig ist?

 

Im besten Fall ist es eine große Zufriedenheit und ein bißchen Stolz. Es passiert ganz selten, daß ich es wirklich schaffe, das Bild in meinem Kopf so zu übertragen, wie ich es mir vorstelle und nicht selten habe ich ein Bild dadurch verdorben, daß ich einfach zu lange daran herumgedoktort habe.

Allerdings hält mich das nicht davon ab, auf viele meiner "Babies" richtig stolz zu sein.

 

11.Wenn dir irgendein berühmter Künstler (auch tot) Unterricht anbieten würde, wen würdest du wählen? Und warum diesen?

 

Moebius. Er ist in jeder Hinsicht ein vollkommener Künstler, er beherrscht den Realismus ebenso wie die Karikatur. Er ist nicht nur ein perfekter "Handwerker" sondern auch ein großer Visionär im Medium Comic. Seine Bilder sind extrem Ausdrucksstark. (Außerdem hat er in den 70ern ziemlich viel mit bewußtseinserweiternden Drogen rumexperimentiert - ein Praktikum bei ihm würde sicher Spaß machen ;-))

Aber im Prinzip reicht es, wenn mir irgendjemand mal beibringen würde, anständig mit dem Pinsel umzugehen...das kann ich nämlich überhaupt nicht.

 

12.Du zeichnest ja nicht nur, du schreibst auch. Was von beidem liegt dir mehr?

 

Ich denke das Zeichnen. Aber das Schreiben gehe ich viel entspannter an, setze mich nicht so unter Druck. es ist eine Art Entspannungstherapie und Experimentierfeld.

 

13.Worin siehst du den Unterschied in den Ausdrucksmöglichkeiten?

 

Für mich persönlich spricht das Schreiben mehr den Intellekt an, die Malerei hingegen das Gefühl. Bei beidem fehlt mir die Akustik, die mir hinsichtlich der Suggestionskraft sehr wichtig erscheint.

 

14.Wie sehen deine Pläne für die nahe Zukunft aus?

 

Ich werde versuchen, nach und nach meinen Lebenstraum zu verwirklichen: Meine "Berufung", die Malerei, zum Beruf zu machen. Zunächst geht es aber darum, mir eine Art zweites Standbein aufzubauen. Daher sehe ich gerade in dem Maskottchenprojekt eine große Chance.

 

15.Erzähl noch kurz was über das Maskottchenprojekt.

 

Das ganze war eine Ausschreibung von "Rheinenergy Cologne" und dem WDR. Ich machte zunächst mehr so aus Spaß mit - ich fand den Gedanken toll, evtl. in meinem Lebenslauf schreiben zu können, ich hätte das Maskottchen für einen bekannten Basketball-Bundesliga Verein kreiert. Ich habe mich dann natürlich riesig gefreut, gewonnen zu haben. Und nun entwickelt sich mehr daraus, als ich mir erträumt habe, etwa der Comic über das Maskottchen, der regelmäßig zu den Heimspielen von REC erscheinen soll. Ich freue mich natürlich, daß REC so offen für meine Anregungen ist und ich meinem Traum, dem Comiczeichnen, nachgehen kann. Und je mehr ich über den Verein und das Umfeld erfahre, desto mehr Spaß

macht die Arbeit.

 

16.Willst du berühmt werden?

 

Mir würde es schon reichen, meinen Lebensunterhalt mit der Malerei verdienen zu können. aber ich denke, um das zu können, muß man sich schon einen gewissen Namen gemacht haben. Ich freue mich immer, wenn den Leuten meine Sachen gefallen, ganz besonders dann, wenn sie z.B. meine Art von Humor teilen. Eine der schwierigsten Lektionen ist das Wissen, niemals allen gefallen zu können.

 

17.Meinst du, man verliert seine Ideale, wenn man erfolgreich ist? Oder anders gefragt, meinst du man muß seine Ideale aufgeben um Erfolg haben zu können?

 

Nicht unbedingt. Es ist die Frage des persönlichen Ansatzes: Tue ich das, was gerade angesagt ist, um möglichst schnell Erfolg zu haben und werfe meine Ideale dafür über Bord - oder tue ich das, was mir entspricht, in der Hoffnung, daß mein Weg einmal viele begeistert. Allerdings mußt du dir darüber im klaren sein, daß du evtl. Abstriche an deine Vorstellungen machen mußt, wenn du für einen Auftraggeber arbeitest. Was Rheinenergy angeht, hatte ich, glaube ich, großes Glück: sie sind meinen Vorstellungen gegenüber ziemlich aufgeschlossen und meine Sachen scheinen ihnen größtenteils zu gefallen. Wenn überhaupt sind es nur punktuelle Veränderungen, die ich vornehmen muß, wobei die Grundstruktur des Comics erhalten bleibt. Ich hoffe, daß mein Humor auch bei den Fans gut ankommt.

 

18.Wo siehst du dich in 5 oder 10 Jahren?

 

Ganz klar: In meinem kleinen Landhaus in der Toskana! ;-)

 

 "Danke", sagte ich und schaute von meinen Notizen auf die seinen.

Ja, der Tag hatte ich gelohnt. Er hatte eine Menge Eindrücke gesammelt...

 

 Von EstherKlung                                   Zurück